Aufruf zur Einreichung von Beiträgen
Offener Blick auf das lokale Bild. Für eine materielle und kulturelle Geschichte der Fotografie im Kanton Fribourg
Kontext
Dieser Aufruf zur Einreichung von Beiträgen eröffnet ein Forschungsprogramm, das in Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg und der Kantons- und Universitätsbibliothek Freiburg durchgeführt wird und zu einer internationalen Tagung im Frühjahr 2024 und zur Herausgabe einer wissenschaftlichen Publikation im Frühjahr 2026 führen soll. Diese Initiative ist Teil von Foto-Freiburg, einem ehrgeizigen Projekt, das die Geschichte der Fotografie im Kanton Freiburg beleuchten möchte. Im Sommer 2026 wird Foto-Freiburg ein Fotofestival in einem Dutzend Institutionen der Kultur und des Kulturerbes veranstalten.
Argumente
«Die Zeit ist reif für die Erkundung anderer fotografischer Regionen1», so die jüngste Feststellung von Experten für Fotografiegeschichte in Anbetracht der Tatsache, dass in den letzten zwei Jahrzehnten vermehrt raumbezogene Fotografiegeschichten auf lokaler oder regionaler Ebene veröffentlicht wurden: die Kantone Neuenburg, Luzern, Jura und Uri in der Schweiz, das Département Isère oder die Region Elsass in Frankreich2. Die Geschichte der Fotografie in der Schweiz und im Elsass ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen Thema geworden. Sie knüpfen häufig an Arbeiten zur Nationalgeschichte an, die sie ergänzen wollen. Im Fall der Schweiz betrifft es genau jene Regionen, die sich von eben dieser Nationalgeschichte «marginalisiert» fühlen, da sich deren Fokus im Wesentlichen auf die Untersuchung der wichtigstenstädtischen Zentren beschränkt hat. Der Wechsel des Maßstabs von der nationalen zur regionalen Ebene, von der Synthese zur Fallstudie, ermöglicht neue Seiten der Geschichte zu «erschließen» oder auch «Kuriositäten zu entdecken».
Freiburgs Fall, um den es in diesem Aufruf zur Einreichung von Beiträgen geht, ist keine Ausnahme. Die Fotografie im Kanton Freiburg ist auf nationaler Ebene relativ wenig bekannt, geschweige denn auf globaler Ebene, daher das gemeinsame Interesse der wichtigsten Institutionen, die für den Erhalt des kulturellen Erbes im Kanton tätig sind. Dank dieser Bemühungen konnte ein ebenso umfangreiches wie heterogenes Archiv zusammengestellt werden, das durch den kumulativen Effekt zahlreiche Zeugnisse der verschiedensten Praktiken der Fotografie der letzten zwei Jahrhunderte im Kanton beinhaltet3. Um die Bedeutung der Fotografie auf lokaler Ebene im Kanton Freiburg in ihrer Ganzheit zu betrachten, muss die Untersuchung dieser Bildarchive über die Geschichte der künstlerischen Darstellungen und Formen hinaus erweitert werden, um die sozialen, technischen und wirtschaftlichen Aspekte zu erforschen, welche die visuelle Kultur des Kantons geprägt haben.
Dieser Aufruf zur Einreichung von Beiträgen hat zwei Ziele. Einerseits sollen Spezialisten der Geschichts- und Sozialwissenschaften zusammengebracht werden, die sich mit Themen im Bezug auf die Welt der Fotografie im Kanton Freiburg beschäftigen. Andererseits sollen die gleichen Themen untersucht werden, um sie aus einer transregionalen Perspektive von sich kreuzenden, vergleichenden oder verbundenen Geschichten zu erklären. In diesem Sinne richtet sich die Ausschreibung sowohl an einen lokalen Experten, der das regionale Korpus kennt und beherrscht, als auch an eine internationale Forscherin, deren Fachwissen über ähnliche Phänomene es ermöglicht, die Themen dieses Korpus mit Blick auf die Vernetzungen und die Zirkulation, die Interdependenzen zwischen den Quellen und die Verbindungen zwischen den Randbereichen der Geschichte zu nutzen.
Ziele
Ziel dieses Aufrufs ist es, ein Referenzwerk zur Kultur- und Sozialgeschichte der Fotografie im Kanton Freiburg zu veröffentlichen. Die ausgewählten Forscherinnen und Forscher werden zudem eingeladen, ihre Arbeiten im Rahmen eines Studientages an der Universität Freiburg vorzustellen. Der Ansatz, eine Tagung mit der Veröffentlichung eines Buches zu verbinden, erfordert einen festgelegten Zeitplan, zu dessen Einhaltung sich die Autorinnen und Autoren bei der Einreichung ihres Beitrags verpflichten.
Leitlinien und thematische Schwerpunkte
Alle Beiträge aus den Geisteswissenschaften sind willkommen, die sich in einen oder mehrere dieser thematischen Schwerpunkte einfügen lassen: https://photo-fribourg.ch/sujets.
Praktische Informationen
– Die Artikel können sich in alle Disziplinen und alle theoretischen oder praktischen Ansätze zur Fotografie einreihen. Sie können auf Deutsch, Französisch oder Englisch verfasst werden.
– Dieser Aufruf zur Einreichung eines Beitrages steht allen offen, unabhängig von ihrem beruflichen Status oder ihrer Zugehörigkeit zu einer Ausgleichskasse.
– Die Vorschläge für Artikel, die nicht mehr als 1500 Zeichen umfassen und mit einem Bilddossier (6-8 Bilder mit vollständigen Legenden), einer kurzen Bibliografie und einer kurzen biografischen Notiz versehen sind, sind bis zum 1. Mai 2023 zu richten an: info@photo-fribourg.ch.
Stipendien für Forschungsarbeiten
Um die Teilnahme des wissenschaftlichen Nachwuchses zu fördern, schreibt Photo-Fribourg Stipendien zur Deckung der Reise- und Aufenthaltskosten für Forschungsarbeiten und Archivauswertungen aus, die von Studierenden, Doktoranden oder jungen Forschern im Rahmen dieses Aufrufs durchgeführt werden. Die Gesuche sind zusammen mit dem Artikelvorschlag einzureichen und mit einem detaillierten Budget für die Kosten, die durch den Forschungsaufenthalt im Kanton Freiburg entstehen, zu ergänzen.
Zeitplan
– 1. Juni 2023: Abgabe der Vorschläge
– 1. Februar 2024: Abgabe der ersten Versionen der Artikel
– Mai 2024: Studientag an der Universität Freiburg
– Frühjahr 2025: Abgabe der überarbeiteten Versionen der Artikel und Beginn der redaktionellen Betreuung
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1 Éléonore Challine und Paul-Louis Roubert, «Les provinces de la photographie», Photographica, n°4, 2022, p. 6.
2 Vgl. u.a. Markus Schürpf, Fotografie im Emmental. Idyll und Realität, Bern, Kunstmuseum Bern, 2000; Couleur sépia. L’Isère et ses premiers photographes (1840-1880), Lyon, Libel, 2009; Transitions. La photographie dans le canton de Neuchâtel, 1840-1970, Neuchâtel, Musée d’art et d’histoire de Neuchâtel / Editions Alphil, 2017; Albert Bingisser et al., Einsiedeln und seine Fotograf(i)en, Kulturverein Chärnehus Einsiedeln, 2018 ; Michèle und Michel Auer, Pionniers de la photographie en Suisse romande, Hermance, Fondation Auer Ory, 2019; Luzern. Fotografiert. Menschen und Maschinen – Berge und Bauern. 1840-1975, Zurich, Hier und Jetzt, 2020; Jean-Daniel Blant, Chez le photographe. Les photographes portraitistes de l’Arc jurassien, 1840-1920, Neuchâtel, Editions Alphil, 2020; Ruedi Gisler-Pfrunder, Fotografie in Uri, Editions Bildfluss, 2021; Philippe Lutz und Christian Kempf, Un siècle de photographie en Alsace, 1839-1939, Mulhouse, Médiapop éditions, 2021.
3 Für einen Überblick über den Stand der Arbeiten der letzten drei Jahrzehnte zur Geschichte der Fotografie im Kanton Freiburg, vgl. u.a. Otto Frei et al., Fribourg à l’aube du XXe siècle: une documentation photographique, Fribourg, Ed. Buchheim, 1989; Pierre Savary, Simon Glasson: un atelier de photographie en Gruyère, Fribourg, La Sarine, 2002; Charles-Henri Favrod und Roger Marcel Mayou, Jacques Thévoz, Berne, Benteli Verlag, 1990; Emmanuel Schmutz et al., Benedikt Rast, Fribourg, La Sarine, 2003; Patrick Rudaz et al., 1888-1918: les premiers photographes amateurs en Gruyère, Fribourg, Pro Fribourg N° 152, 2006; Terry Bennett et al., Pierre Joseph Rossier, photographe. Une mémoire retrouvée, Fribourg, Pro Fribourg N° 153, 2006; Emmanuel Schmutz et al., Le Fribourg des Mülhauser, 1930-1975, Fribourg, La Sarine, 2007 ; Christophe Mauron et al., Fous de couleur: autochromes, les premières photographies couleur de Suisse, 1907-1938, Bulle, Musée gruérien, 2015; Emmanuel Schmutz et al., Le Fribourg de Jacques Thévoz dans les années 40-60, Fribourg, La Sarine, 2006; Emmanuel Schmutz et al., Les grands travaux des Mülhauser: Rossens, Schiffenen, Madeleine, Fribourg, Bibliothèque cantonale et universitaire – La Sarine, 2011; Claudio Fedrigo et al., Fribourg Belle Epoque: atelier photo P. Macherel, Fribourg, Bibliothèque cantonale et universitaire, 2017; Claudio Fedrigo et al., Studio Hilber: Leo & Micheline photographes en mouvement, Fribourg, Bibliothèque cantonale et universitaire, 2017; Claudio Fedrigo et al., Murten im Fokus von Hans Wildanger: Morat dans l’objectif de Hans Wildanger, Fribourg, Bibliothèque cantonale et universitaire – Musée de Morat – Société d’histoire du canton de Fribourg, 2021.
Accordéoniste aveugle jouant pour des enfants sur le marché à la Grand-Rue, Fribourg, [1943-1945]
© Jacques Thévoz | BCU Fribourg